Pflegerische Prävention und Rehabilitation
Ein Angebot des ZQP
Verbesserung bzw. Erhalt von Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs)
Zitation
Graessel, E., Stemmer, R., Eichenseer, B., Pickel, S., Donath, C., Kornhuber, J., & Luttenberger, K. (2011): Non-pharmacological, multicomponent group therapy in patients with degenerative dementia: a 12-month randomizied, controlled trial
Studiendesign/-art
RCT
Rolle und Aufgabe der Pflegenden
- Leitung der MAKS-Gruppen durch registered nurses (RN)
- Zusammenstellung und Aufteilung der Gruppen in drei homogene Gruppen
- Strenge Kontrolle der Anwesenheit der Teilnehmer/-innen
- Moderation der Gruppentherapie
- Begleitung
- Anleitung
Intervention
Multikomponente Gruppentherapie umfasst folgende Interventionen (MAKS):
- Begrüßungsrunde ( z. B.: Vorstellung, Gruppenlieder, Diskussion): 10 Min.
- Motorische Übungen (z. B.: Bowling, Crocket, Balanceübungen): 30 Min.
- Kognitive Aufgaben (z. B.: Memory): 30 Min.
- ADL-Training (z. B.: Essenszubereitung, Gartenarbeit): 40 Min.
Beobachtungszeitraum bzw. Studiendauer
Dezember 2008 – Dezember 2009
Population
Pflegeheimbewohner/-innen mit der Diagnose einer primären degenerativen Demenzerkrankung (nach ICD-10) und einem geringeren Mini-Mental Status als 24 (vom behandelten Hausarzt bestätigt).
Setting
Fünf Pflegeheime in Deutschland
Anzahl der Studienteilnehmer
Baseline: 98 Bewohner/-innen, Interventionsgruppe: 50, Kontrollgruppe: 48
12 Monate Follow-Up: 63 Bewohner/-innen
Ergebnisdarstellung
Die MAKS Intervention (= motor stimulation, practice of daily living and cognitive stimulation) zeigte einen signifikanten Effekt auf die kognitiven Fähigkeiten der Demenzerkrankten sowie auf ihre Ausübung der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) auf. MAKS konnte dazu beitragen, dass die kognitiven Funktionen und ADLs bei Patienten mit milder bis moderater Demenz für 12 Monate aufrecht erhalten werden konnten.
Outcomes
Eine multikomponente nicht-medikamentöse Gruppentherapie kann bei Patienten mit Demenz dazu beitragen das Voranschreiten kognitiver Beeinträchtigungen und Einschränkungen in den ADLs signifikant hinauszuzögern. 12 Monate nach der Intervention zeigten sich keine Veränderungen bzgl. der kognitiven Funktionen und ADLs in der Interventionsgruppe. Ein Anstieg der Beeinträchtigungen hingegen in der Kontrollgruppe: Anstieg kognitiver Beeinträchtigung (Baseline: 35.6, SD: 14.8; nach 12-Monaten: 40.8, SD 17.0; P =0.039) und Verringerung der ADLs (Baseline: 24.3, SD: 5.6; nach 12-Monaten: 21.5, SD: 7.4; P = 0.002).
Anmerkungen
- Dropout: 35 von 98 Bewohner/-innen (durch Tod, Bettlägrigkeit, Pflegestufe 3, Umzug)
- In ähnlichen Studien war die Populationsgröße meist umfangreicher, die vorliegende Studie hat eine mittlere Populationsgröße
- Evtl. fehlende Placebogruppe
BEWERTUNG MIT "RISK OF BIAS-TOOL"
Methode der Randomisierung
Low
Computergenerierte Randomisierung
Verborgene Zuweisung
Unclear
Erheber kannte Gruppenzuteilung nicht, Informationen über das Wissen der Teilnehmer/-innen sind nicht bekannt.
Fehlende Verblindung
Low
Nur Datenerheber verblindet und unwahrscheinlich, dass dadurch ein Bias entsteht.
Unvollständiges Erfassen von Patienten und Endpunkt-Ergebnissen
Low
---
Bias durch selektives Berichten von Endpunkten
Unclear
Unzureichende Information
Weitere Limitationen
Unclear
Unzureichende Information
Zusammenfassung
Graessel et al. (2011) untersuchten den Effekt einer nicht-medikamentösen, mulitkomponenten Gruppentherapie (MAKS Intervention = motor stimulation, practice of daily living and cognitive stimulation) für Patient/-innen mit degenerativer Demenzerkrankung im Setting der stationären Pflege. Die Population bestand aus Pflegeheimbewohner/-innen mit einer diagnostizierten, primären degenerativen Demenzerkrankung und einem geringen Wert des Mini-Mental-Status, welche durch die Pflegenden rekrutiert wurden. Zu Beginn der Studie wurden 98 Bewohner/-innen in die Erhebung eingeschlossen, nach einem 12 monatigen Follow-up befanden sich hingegen nur noch 63 Personen in der Studie. Die MAKS-Intervention umfasste motorische Übungen (z. B.: Bowling, Crocket, Balanceübungen), kognitive Aufgaben (z. B.: Memory) als auch ein ADL-Training (z. B.: Essenszubereitung, Gartenarbeit), welche mit Hilfe der Pflegenden angeleitet und durchgeführt wurden. Nach Graessel et al. (2011) kann die Gruppentherapie signifikant dazu beitragen, das Voranschreiten kognitiver Beeinträchtigungen anzuhalten. 12 Monate nach Interventionsende zeigten sich jedoch keine Veränderungen bzgl. der kognitiven Funktionen in der Interventionsgruppe. Auffällig war hingegen ein Anstieg der kognitiven Beeinträchtigungen in der Kontrollgruppe. Qualitativ betrachtet befindet sich die Erhebung von Graessel et al. in einem moderaten Bereich, sodass die Ergebnisse der Studie durchaus als Handlungsanstöße genutzt werden können.
ID: 144
Zitation
Phelan, E., Williams, B., Penninx, B. W., LoGerfo, J. P., & Leveille, S. G. (2004): Activities of daily living function and disability in older adults in a randomized trial of the health enhancement program. In: Journal of Gerontology: Medical Sciences 59 (8), S. 838–843.
Studiendesign/-art
RCT
Rolle und Aufgabe der Pflegenden
- Kontaktieren des Hausarztes der Teilnehmer/-innen und Einholen der Gesundheitsproblematiken dieser
- Erstmaliges Treffen mit den Teilnehmer/-innen
- Erstellen eines Baseline-Assessments und Entwicklung eines „Gesundheitsförderungs-Planes“ nach den Zielen und Wünschen der Teilnehmer/-innen
- Aufzeigen von verschiedenen Risikofaktoren:
- Unadäquate Kontrolle oder zweckloses Selbstmanagement der chronischen Erkrankungen
- Aufklärung über unnötigen Gebrauch von Psychopharmaka
- Wenig körperliche Betätigung
- Depression
- Soziale Isolation
- Ermutigen der Teilnehmer/-innen in einer oder allen Angeboten zu partizipieren:
- Evidenzbasierte Trainingsklasse
- Selbstmanagement von chronischen Erkankungen
- Peer Support durch einen trainierten Senior
- Die APN (Advanced Practiced Nurse) motivierte die Teilnehmer/-innen, die nicht an einem Trainingsprogramm teilnehmen wollten, zumindest zu Hause oder in anderen Gruppen Übungen zu vollziehen
- Berichten des aktuellen Zustandes und der bisherigen Partizipation der Teilnehmer/-innen beim Hausarzt
- Nach dem erstmaligen Treffen mit den Teilnehmer/-innen zeichnete die APN die Fortschritte durch Follow-Up Besuche und Telefonanrufe auf
Intervention
Effekt eines Gesundheitsförderungsprogrammes auf die ADLs und körperliche Beeinträchtigungen bei älteren Menschen.
Pflegende („gerontologic nurse practitioner“, GNP) führen die Intervention durch.
Beobachtungszeitraum bzw. Studiendauer
Februar 1995 – Juni 1996
Follow-Up: 6 und 12 Monate nach der Einschreibung
Population
70+, ≥ 1 chronische Erkrankung, ADL-Einschränkungen ohne Inanspruchnahme von Unterstützungsleistungen und ohne schwerwiegende kognitive Beeinträchtigungen, zu Hause lebend.
Setting
Senior-Citizen Center in Seattle
Anzahl der Studienteilnehmer
Interventionsgruppe: 101 Teilnehmer/-innen/96
Kontrollgruppe: 100 Teilnehmer/-innen/98
Ergebnisdarstellung
- Studienteilnehmer/-innen mit bestehenden ADL-Einschränkungen zum Studienbeginn haben in der Interventionsgruppe eine signifikant (p=0.02) höhere Wahrscheinlichkeit zur Verbesserung der ADLs nach 6 sowie 12 Monaten
- tendenziell, aber nicht signifikante Verschlechterung der bestehenden ADL-Einschränkungen in der Kontrollgruppe im Vergleich zu eher stabileren Entwicklung in der Interventionsgruppe
- tendenziell, aber nicht signifikant häufigere zusätzliche ADL-Einschränkungen in der Kontrollgruppe nach 12 Monaten, wogegen die ADL in der Interventionsgruppe stabil blieben
Die Intervention zeigte zwar eine Verbesserung (relatives Risiko) der Inzidenz einer ADL Beeinträchtigung war geringer (0,68) als in der Kontrollgruppe (1,00) welche jedoch nicht signifikant war.
Für Personen die bereits eine Beeinträchtigung hatten, konnten mit Hilfe der Intervention ihre ADLs fördern, die Ergebnisse sind ebenfalls nicht signifikant.
Anmerkungen
- Studie wurde nur in einer Region (Norden von Seattle) durchgeführt
- Limitierte Populationsgröße im Vergleich zu Studien mit ähnlicher Thematik
- Ausmaß an den teilgenommenen Angeboten nicht ersichtlich
- Generalisierung der Ergebnisse auf andere Populationen schwierig
- Interventions- und Kontrollgruppe wiesen am Anfang Unterschiede (z. B. Alter) auf
BEWERTUNG MIT "RISK OF BIAS-TOOL"
Methode der Randomisierung
Low
Randomisierung durch das Ziehen von Tennisbällen durch die Proband/-innen selbst.
Verborgene Zuweisung
Low
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Fehlende Verblindung
Low
nur Datenerheber verblindet und unwahrscheinlich, dass dadurch ein Bias entsteht.
Unvollständiges Erfassen von Patienten und Endpunkt-Ergebnissen
Low
unwahrscheinlich, dass durch fehlende Daten Ergebnisse verfälscht werden
Bias durch selektives Berichten von Endpunkten
Unclear
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Weitere Limitationen
High
- Subgruppenanalysen auf Basis reduzierter Teilstichproben
- Datenerhebung mittels Fragebögen und über den Postweg
- möglicher Hinweis auf fehlerhafte Randomisierung, da Baseline-Unterschiede
- möglicher Hawthorne-Effekt
- homogene, gesunde Stichprobe
- unklare Therapietreue der Proband/-innen
Zusammenfassung
Phelan et al. (2004) untersuchten das „Health Enhancement Program“ (HEP), welches eine komplexe gesundheitsfördernde Intervention unter wahlweise dem Einsatz verschiedener funktionaler Trainingseinheiten oder der Betreuung durch einen „gerontologic nurse practitioner“ (GNP) beinhaltete. Dieser erfasste sowohl den Zustand der älteren Menschen, legte individuelle Gesundheitsziele fest und betreute die Studienteilnehmer/-innen in der jeweiligen Umsetzung.
Die Studienergebnisse zeigen eine signifikant höhere Verbesserung in der Interventionsgruppe in Bezug auf die ADLs und eine tendenziell stabilere Entwicklung der bestehenden ADL-Einschränkungen im Vergleich zu der sich verschlechternden Vergleichsgruppe. Unter Berücksichtigung der methodischen Einschränkungen deuten die Studienergebnisse darauf hin, dass mittels funktionalen Trainings unter gleichzeitiger Betreuung durch einen qualifizierten Pflegenden eine Stabilisierung oder gar Verbesserung der ADLs erreichbar ist. Die Ergebnisse dieser Studie können allerdings aufgrund einiger Limitationen nicht ohne weiteres verallgemeinert werden.
ID: 145